WM 2014 im Underground

Jaaaa, es war eine phänomenale WM, solange ich denken kann werde ich mich daran erinnern. So wie 1966, damals noch in schwarz weiß. Wir hatten noch keinen Fernseher, alle Übertragungen haben wir Kinder mit unseren Vätern bei Venrath geguckt. Wenn wir dann selbst Fußball spielten imitierten wir unsere Idole, Heinz-Martin war Siggi Held, Schorsch Lothar Emmerich und ich Hans Tilkowski. Im Endspiel haben wir dann in England gegen England 2:4 n.V. verloren. War auch gut, so sind die Tommys wenigstens zu einem Stern gekommen. Trotz Niederlage, die Deutschen waren über Jahre unsere Helden.
1970 ging es weiter, in Mexico und in Farbe. In meiner Erinnerung ist es das beste Turnier geblieben, was vermutlich an den beiden Spielen gegen England und Italien lag. Beide Spiele gingen in die Verlängerung und es war unglaublich heiß in Mexico. Gegen England lagen wir 0:2 hinten und dann kam dieses berühmte Tor von Seeler, mit dem Hinterkopf. Anschließen ging es in das Jahrhunderspiel gegen Italien im Aztekenstadion. Schnellinger glich in der 90. zum 1:1 aus. In der Verlängerung gingen erst wir und dann die Italiener in Führung. Müller hat dann noch mal zum 3:3 ausgeglichen ehe Rivera uns den Todesstoß verpasste. Seit dem Tag waren die Italiener im Fußball meine Feinde, das weiß ich ganz genau. Später verstärkte sich das ganze noch mit Inter gegen MG, aber das ist eine andere Geschichte.
74 haben wir dann endlich gewonnen, aber das war nicht so toll. Jeder wusste, Holland war im gesamten Turnier die beste Mannschaft.
90 im Rom, das war okay, habe ich aber bei weitem nicht so emotional in meiner Erinnerung, wie das, was da in den vergangenen Wochen in Brasilien abgegangen ist.
Kein Scheiß, ich bin immer noch gleichzeitig beseelt und fertig. Die, die im Underground am Sonntag dabei waren, ist euch eigentlich aufgefallen, dass keiner während der 120 Minuten auch nur ein einziges Bier geholt hat? Die Nerven waren kurz vorm zerreißen. Egal was wer vor und auch noch während des Turnier gesagt hat. Löw hat es hinbekommen (siehe Interview mit Schweinsteiger im KSA vom 15.07. Jeder hat da mitgezogen. Und wenn derselbe Schweinsteiger sagt, ich wusste ja wie Kevin Großkreuz tickt, ich wusste aber nicht, was er für ein cooler Typ ist, dann sagt das eine ganze Menge aus. Überhaupt Schweinsteiger, er ist ein Bayer, aber was für ein Riese. Gegen die Argentinien das hatte was von einem Heldenepos. Oder Boateng, der hat uns mehrfach den Sieg gerettet, zu einem Zeitpunkt, als Hummels und besagter Schweinsteiger nicht mehr laufen konnten. Großartiger Sport war das, mit Gauchos, wo ich mich immer noch frage, wo haben die das bloß hergeholt. Und hinterher im Underground zu stehen, den Wodka-Lemmon oder Gin Tonic in der Hand, zum hundertsten Mal den gleichen Mist erzählend und jeder verstärkte das gesagte mit eigenem Blödsinn. Mensch, das ist Liebe, Freundschaft – Fußball halt. Und als dann von nebenan aus dem Tanzschuppen Oasis „definitely maybe“ herüberschallte, das war Glück pur.
Das besondere am Fußball ist, einen Ball um dagegen zu treten, findet jedes Kind und auch den passenden Platz dazu. So simpel ist das.
Alle negativen Begleitumstände rund um den Sport und Brasilien blende ich noch mindestens eine Woche aus, ich will es einfach nur genießen.
Die Mannschaft ist in Berlin gelandet, gucke grade die Zusammenfassung vom Tag. Wenn Draxler da anstimmt „Großkreuz rück den Döner raus“ da kommen mir die Tränen.