Der klassische Arbeiter ist so gut wie verschwunden. Die SPD als Volkspartei existiert nicht mehr.

Didier Eribon widmet sich in seinem Buch „Rükkehr nach Reims“ der Frage, warum große Teile der Arbeiterschaft seit den 1980er Jahren sich zunehmend den Rechtspopulisten zuwenden.

Die Politik hat sich einer neoliberalen Agenda verschrieben und dabei ihre Aufgabe, soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen, über Bord geworfen. Der Rückbau der sozialen Sicherungssysteme war die Folge. Dadurch bedingt fühlten sich die Abgehängten von den Parteien im Stich gelassen.

Für meine Familie teilte sich die Welt in zwei Lager. Entweder man war »für die Arbeiter« oder man war gegen sie, entweder man »verteidigte« die Arbeiter oder man tat nichts für sie. Wie oft habe ich solche Sätze hören dürfen, in denen sich das Wahrnehmungsmuster der Politik und zugleich die politische Handlungsorientierung ausdrückten. Auf der einen Seite das »Wir« und das »Mit uns«, auf der anderen das »Sie« und das »Gegen uns«. Wer erfüllt heute die Funktion, die damals »die Partei« innehatte (in Frankreich war es die kommunistische Partei, in Deutschland die SPD)? Von wem dürfen sich die Ausgebeuteten und Schutzlosen heute vertreten und verstanden fühlen? An wen wenden und auf wen stützen sie sich, um politisch und kulturell zu existieren, um Stolz und Selbstachtung zu empfinden, weil sie sich legitim, da von einer Machtinstanz legitimiert, fühlen? Oder ganz schlicht: Wer trägt der Tatsache Rechnung, dass sie existieren, dass sie leben, dass sie etwas denken und wollen?